CHRONOLOGIE

Sonntag, den 25.06.2023

Eine Chronologie der Haus- und Projektgeschichte

Juni 2023
Der Gerichtstermin steht! Wir erfahren, dass es nächsten Monat soweit sein wird. Am 19.07.2023 wird unsere Klage vor dem Verwaltungsgericht Hamburg verhandelt. Bereits seit über drei Jahren kämpfen wir nun schon um den Erhalt unseres Hausprojektes. Wir freuen uns weiterhin über jede Unterstützung und Eure Solidarität!

2022
Das Klageverfahren zieht sich hin und wir beschließen, uns weiter nach Alternativen umzusehen: Wir gründen eine Baugemeinschaft und beteiligen uns am Interessenbekundungsverfahrens der IBA für neue Baugrundstücke in Wilhelmsburg. Schließlich sollen hier in der Nachbarschaft in den kommenden Jahren etwa 5.000 neue Wohnungen entstehen. Tatsächlich wird uns (gemeinsam mit sieben weiteren Parteien) ein Baugrundstück zugesprochen. Nach reiflicher Überlegung wird uns klar: Wir können ein solches Projekt nicht stemmen. Die Bauzinsen sind in den vergangenen Monaten drastisch gestiegen. Das IBA-Bauvorhaben wir sich ohnehin noch 7, 8 oder auch 10 Jahre hinziehen. Außerdem haben wir bereits ein Haus, in dem wir gerne leben und das wir unbedingt erhalten wollen! Mehrere 1.000 ehrenamtliche Arbeitsstunden haben wir darauf verwendet, das Projekt aufzubauen und seinen langfristigen Erhalt zu sichern. All das soll nicht umsonst gewesen sein!

2021
Lange Zeit passiert scheinbar nichts. Hinter der Fassade unseres Wohnprojekts aber ist uns die Situation täglich präsent: Lohnt es sich noch, die Wand zu streichen, den Fußboden abzuschleifen oder das Zimmer wohnlich umzugestalten? Zukunftsfragen treiben uns um. Parallel dazu finden Gespräche mit dem LIG über einen „Alternativstandort“ statt. Immer wieder haken wir nach, immer wieder werden uns Grundstücke genannt, die wir eventuell erwerben könnten, um ein neues Projekt dort zu bauen. Alle erweisen sich als „Nebelkerzen“, letztendlich passiert nichts.

Dezember 2020
Die Direktkredite und der Bankkredit müssen größtenteils rückabgewickelt werden. Kurz vor knapp gelingt es uns, den Bankkredit an ein befreundetes Projekt zu übertragen. Sonst wären uns rund 80.000 EUR an zusätzlichen Kosten entstanden. Nichtabnahmeentschädigung nennt sich das. Ungeachtet dessen sind uns inzwischen zahlreiche Unkosten entstanden. Da wir den Bankkredit zum Kauf nicht abgerufen haben, müssen wir z.B. einen fünfstelligen Betrag an Bereitstellungszinsen überweisen.

Oktober 2020
Wir erhalten vonseiten des Verwaltungsgerichts die Stellungnahme des LIG mit Gelegenheit zur Stellungnahme zugesandt.

August 2020
Fristwahrend reichen wir am 6. August Klage gegen die Ausübung und das Bestehen eines Vorkaufsrechts nach § 55b HWaG ein.

Juli 2020
Am 9. Juli 2020 werden wir überraschend über die Zurückweisung des Widerspruchs informiert. Uns bliebt eine einmonatige Frist, das um den Klageweg zu beschreiten oder die Hansestadt Hamburg über das weitere Schicksal des Projekts entscheiden zu lassen.

Mai 2020
Öffentlichkeitswirksame Aktionen und Proteste sind aufgrund der Corona-Beschränkungen kaum möglich. Unterstützer*innen rufen für den 11.Mai digital zum “Intersolaren EinsEinsFünf-Tag” auf. Zahlreiche Symphatisant*innen solidarisieren sich mit vielfältigen digitalen Beiträgen und Solidaritätsbekundungen.

Am 19. Mai 2020 findet ein weiteres Gespräch statt, bei dem sich die Behördenleitungen der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) und der BUE mit Vertreter*innen des Wohnprojekts austauschten. Bei dem Termin geht es um das Angebot der Stadt, das Projekt bei der Suche nach einem Alternativobjekt zu unterstützen und darum, weiter am Verhandlungstisch an einer Lösung zu arbeiten. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass nicht über unseren Widerspruch gegen die Ausübung des Vorkaufsrechst entschieden wird. Danach bliebe uns nur noch der Klageweg offen.

April 2020
Am 3. April 2020 treffen wir uns mit Vertreter*innen der Behörde für Umwelt und Energie (heute BUKEA). Wir erhalten viel Verständnis für unsere schwierige Situation und Unterstützungsangebote für die „Alternativstandortsuche“. Konkrete Hilfen blieben jedoch zunächst aus. Wir hoffen auf weitere Verhandlungen/Gespräche.

Am 9. April 2020 stimmt die Kommission für Bodenordnung der Ausübung des Vorkaufsrechts für das Grundstück Fährstraße 115 zu. Am Abend erhielten wir eine E-Mail vom LIG mit folgendem Text:
 “Die Kommission hat die Verwaltung in ihrem Beschluss gebeten, alternative Lösungen für den Hochwasserschutz zu suchen, die den Erhalt des Objekts Fährstraße 115 sicherstellen können und – soweit das Grundstück wider Erwarten doch nicht für Zwecke des Hochwasserschutzes erforderlich sein sollte – eine Aufhebung des Ausübungsbescheides mit dem Ziel zu prüfen, eine Umsetzung des ursprünglichen Ankaufs durch Sie zu den in diesem Zusammenhang vereinbarten Bedingungen zu ermöglichen. Für den Fall, dass keine Alternative gefunden wird, hat die Kommission die Verwaltung gebeten, Sie bei der Suche nach einer adäquaten Ersatzimmobilie zu unterstützen.”

Auch vonseiten der BUKEA wird uns Unterstützung angeboten:
“Nach unserem Gespräch am 3. April 2020 in der Behörde für Umwelt und Energie mit den Vertretern Ihres Projektes darf ich natürlich nicht erwarten, dass Sie mit diesem Beschluss einverstanden sein könnten. Gleichwohl möchten wir aber, wie zwischen uns verabredet, weiterhin in Kontakt mit Ihnen bleiben, um nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen, wie Ihr Wohnprojekt erhalten und eine langfristige Perspektive für Sie erreicht werden kann.”  

Der Ausübungsbescheid inkl. Begründung des LIG geht uns am 15. April 2020 zu.Am 20. April legen wir über unseren Anwalt Widerspruch gegen die Ausübung des Vorkaufsrechst ein und begründen diesen einige Zeit später ausführlich.

März 2020
Anfang März geht uns ein Bescheid über die Grunderwerbssteuer zu, die wir umgehend überweisen. Diesen mittleren fünfstelligen Betrag finanzieren wir seither über Direktkredite.

Am 5. März werden wir von dem Notariat darüber informiert, dass die Stadt Hamburg womöglich ihr Vorkaufsrecht geltend machen möchte: Der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) prüfe im Auftrag des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) sein Vorkaufsrecht für das Haus Fährstraße 115.

Die ersten Veranstaltungen in Deutschland werden wegen der Corona-Pandemie abgesagt.

Am 15. März kommt es digital zu einer ersten „Anhörung“. Das Ergebnis ist ernüchternd. Mündlich wird uns mitgeteilt, dass das Haus wegen einer anstehenden Deicherhöhung so schnell wie möglich entmietet und abgerissen werden soll.

Am 28. März nehmen wir schriftlich Stellung zur geplanten Ausübung des Vorkaufsrechts. Wir sind der Meinung, dass sich Hochwasserschutz an dieser Stelle mit dem Erhalt von Wohnraum vereinbaren lässt. Technische Lösungen werden allerorts umgesetzt. Warum wird gerade hier vonseiten der Stadt von einem klassischen „Erddeich“ ausgegangen? Gegenwärtig befinden sich zwischen Deich und Haus eine Spundwand und ein vielbefahrene Straße. Ein “Schutzstreifen”, dem unser Haus weichen soll, wäre an dieser Stelle überhaupt nicht sinnvoll geschweige denn technisch notwendig.

Februar 2020
Am 7. Februar unterzeichnen wir den Kaufvertrag und zugleich einen Bankkredit zur Finanzierung des Hauserwerbs.

Oktober 2019
Wir gründen die EinsEinsFünf GmbH, die nun zeitnah das Haus kaufen und bewirtschaften soll.

Sommer 2019
Wir reisen gemeinsam nach Mannheim, stellen auf einer Mitgliederversammlung des Miethäuer Syndikats unser Kaufvorhaben vor und erwirken einen Beteiligungsbeschluss: Der GmbH-Gründung mit uns als Hausverein und dem Miethäuser Syndikat als Gesellschafterinnen (die GmbH soll die Käuferin des Grundstücks werden) steht nun nichts mehr im Wege.

2018/2019
Die Verhandlungen mit dem Eigentümer nehmen konkrete Formen an. Wir organisieren eine Finanzierung und werben Direktkredite ein.

2015/2016
Unser Entschluss steht fest: Wir wollen das Gebäude kaufen und unser Zusammenleben so langfristig sichern. Wir gründen den Hausverein Projekt 115 e.V. und werden Mitglied im Miethäuser Syndikat.

Herbst 2007
Wir beziehen das Haus als Hausgemeinschaft. In den folgenden Jahren finden in unseren Räumen zahlreiche Veranstaltungen statt. Viele Bewohner*innen des Viertels kennen unser Haus als Ort für Workshops, Vorträge, Konzerte und Partys. Wir bieten Räume für Sport- und Lesegruppen an, sind Anlaufstelle für die Nachbar*innen aus dem Reiherstiegviertel.

Frühjahr/Sommer 2007
Gemeinsam mit dem neuen Besitzer planen wir den Umbau und die Sanierung des Hauses, in dem wir ein neues Wohnprojekt gründen wollen.

2006/2007
Unser derzeitiger Vermieter erwirbt das Haus von der SAGA Siedlungs-Aktiengesellschaft Hamburg. Bevor es in den Besitz der SAGA überging war das Grundstück Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg (seit Mitte der 1960er Jahre)

1962
Von der Flutkatastrophe 1962 ist auch die Fährstraße 115 betroffen. Das ebenfalls beschädigte Nachbarhaus in der Nummer 117 wird in der Folgezeit abgerissen, um Hochwasserschutzmaßnahmen umzusetzen.

1957
Die Fährstraße 115 wird zusammen mit dem Nachbargebäude Fährstraße 117 wiederaufgebaut.

1943-45
Das Gebäude wird durch Kriegseinwirkungen teilzerstört

1905/06
Das Gebäude in der heutigen Fährstraße 115 entsteht (damals Hausnummer 93)